„Ich bin ein Bargeldhasser“

Interview zum Thema Geld (Trend, 2021)

TREND: Was ärgert Sie am aktuellen Wirtschaftssystem?
Robert Stachel: Dass es schreiend ungerecht ist. Und nicht nur die Armen und Schwachen benachteiligt, sondern auch die Braven und Vorsichtigen. Beides gilt sowohl für Staaten als auch für Individuen. Aber solange wir unseren Treibstoff und unsere Waren aus Ländern beziehen, die auf Umweltschutz und Menschenrechte nichts halten, kann sich nichts ändern. Ein Protestlied, das sich natürlich auch gegen mich selbst richtet.

Was haben Sie von zu Hause aus im Umgang mit Geld mitbekommen? Und was geben sie diesbezüglich Ihren Kindern weiter?
Zwei Lehrergehälter, vier Kinder: Geschwommen wurde bei uns nicht in Geld, aber es hat immer gereicht. Für Sonderwünsche wie Computer oder Fahrräder musste geschnorrt, gespart und gejobbt werden. Meinen Kindern versuche ich eine gewisse künstliche Knappheit vorzumachen, damit sie auch auf ihre Wünsche sparen lernen. Aber ich bin da wenig konsequent. 

Wissen Sie noch wofür Sie Ihr erstes selbstverdientes Geld ausgegeben haben?
Mein allererstes echtes Geld verdiente ich mit 16 als Volontär bei der Lokalpresse meiner Heimatstadt. Die knapp 6000 Schilling gingen zur Gänze in den brandneuen Sony Discman und einen Stapel CDs.

Sie haben ein Haus in Kritzendorf – boboeske Stadflucht oder auch Vorsorge?
Nur ersteres. Vorsorge höchstens für meine Gesundheit. Der Blick auf die Donau bringt sofortige Entspannung, wenn es mir zu stressig wird. Ich würde mich für kein Geld von diesem Haus trennen.

Als erfolgreicher Satiriker brauchen Sie jetzt wohl keine Angst mehr vor Altersarmut haben. Ist finanzielle Vorsorge dennoch ein Thema für Sie?
Die Angst vor Altersarmut ist nach derzeitigem Stand nicht angebracht, aber die ist ja nichts rein Rationales. Wenn es nach mir geht, stehen wir auch noch mit 75 auf der Bühne. Aber falls das nicht klappt, wäre es schon nett, wenigstens auf kleiner Flamme vom Ersparten leben zu können. Vielleicht sollte ich mit dem Weglegen langsam beginnen.

Sachbücher zum Thema Geldanlage boomen. Was halten Sie heute noch für ein sinnvolles Investment?
Wahrscheinlich jenes in einen Verlag, der Sachbücher zum Thema Geldanlage herausbringt.

Und was hält der Technik-Aficionado von Kryptowährung?
Ein beängstigender Hype. Ich kenne Nerds, die vor über zehn Jahren mit ihren eigenen Computern Bitcoins „geminet“ und sich dann davon Pizza bestellt haben. Diese Pizzen hätten heute wohl einen Wert von mehreren Millionen Euro. Ich besitze aus reiner Neugierde ein Bitcoin-Wallet, aber da war nie mehr drauf als ein paar Hundertstel.  Mir wäre sehr recht, wenn man diesen Hexenbesen wieder in die Ecke stellen könnte.

Was würden Sie als Künstler auch für viel Geld nicht machen? 
Etwas, das ich mir selbst nicht anschauen möchte. Produziere nichts, das Du selbst nicht konsumieren würdest. Es muss einem zwar nicht immer alles gelingen und es wird nicht immer alles lustig, aber ich halte es wirklich für frivol, wenn man in der Unterhaltungsbranche Produkte herstellt, für die man sich selbst zu gut ist. Hielten sich alle in der Branche an dieses Prinzip, sähe das Fernsehen anders aus. 

Wofür geben Sie gerne Geld aus? Und wofür sind Sie sich zu neidig?
Bei Kunst, Möbel, Essen und Urlaub geht es mir ums Gefallen und den Genuss, da schaue ich kaum aufs Geld. Bei Technik ist es umgekehrt. Da informiere ich mich penibelst, bevor ich mich für ein Produkt entscheide, und suche mir dann den jeweils besten Preis heraus.

Was war das Verrückteste, das Sie sich je geleistet haben?
Bei einer Fundraising-Gala für „Hemayat“, die wir mit Maschek moderiert haben, wurden zu späterer Stunde Prominente für den guten Zweck versteigert. Peter Hörmanseder und ich hatten unsere Arbeit bereits erledigt und uns schon ein wenig Mut angetrunken. Bei der Auktion ging es um einen Tag mit Armin Wolf hinter den Kulissen der Zeit im Bild. Wir stiegen aus Spaß in das Duell mit den anwesenden Spendierfreudigen ein und übersahen den Moment, als der Auktionator nur noch mit uns beiden sprach und alle anderen bereits ausgestiegen waren. Seither wartet Armin Wolf auf unseren Anruf.

Wieviel habt ihr euch Armin Wolf denn kosten lassen?
Ungefähr 3000 Euro.

Karte oder Bargeldtyp?
Ich nütze jede Möglichkeit zur digitalen Bezahlung und bin ein regelrechter Bargeldhasser. Sehr zum Leidwesen meines Kollegen, der mir auf Tournee immer Scheine borgen muss.

Macht Geld glücklich?
Nein. Aber Armut macht unglücklich. Nicht zuletzt darum wäre ich fürs Bedingungslose Grundeinkommen.

Was bedeutet Luxus für Sie?
Nicht nachdenken zu müssen, wovon man mit seiner Familie in den nächsten Monaten lebt. Auch dann nicht, wenn man sich hin und wieder etwas gönnt. Oder die Auftragslage vorübergehend durchhängt.

„MEGAPOLIS 2000 Plus – a Game by Robert Stachel“

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Rosenberger, Wassermair: „Generation Sexkoffer

Textbeitrag aus dem Jahr 2007 für Sigrid Rosenbergers und Martin Wassermairs Buch „Generation Sexkoffer: Jugend in den 80er Jahren zwischen politischem Klimawandel, Freizeit-Industrie und Popkultur“ (erschienen im Löcker Verlag)

Wir Kinder der 80er Jahre sind die letzte Generation, die noch mit mehrheitlich analogen Medien aufgewachsen ist. Schallplatten aus schwarzem Plastik waren in den 80ern der gängige Tonträger für Musik, und die hat man noch nicht kopiert, sondern auf magnetische Tonbänder überspielt. Niemand hat darunter gelitten, dass das genauso lange gedauert hat wie die Lieder eben lang sind, das Wort Echtzeit war daher auch noch genauso wenig gebräuchlich wie das Wort Achtfachspeed. Das Fernsehen kam (zumindest im Osten Österreichs) mit zwei öffentlich-rechtlichen Sendern aus, bei schlechtem Wetter hat es nicht nur vor dem Fenster, sondern auch auf dem Bildschirm geschneit, und bei Gewitter mussten wir den Fernseher abdrehen und ausstecken, weil jeder von uns sorgenvolle Eltern hatte, die jemanden vom Hörensagen kannten, dem einmal der Blitz ins Wohnzimmer gefahren ist. Die Schreibmaschine war mechanisch, und selbst wenn sie sich elektrisch nannte, stempelte sie doch nur einen Buchstaben nach dem anderen aufs Papier. Tippfehler wurden mit Tipp-Ex korrigiert, wodurch zumindest die Anzahl der Fehler auf dem Blatt sichtbar blieb. Das Telefon hing fest verdrahtet an der Wand und wer es benützen wollte, musste eine Scheibe mit Nummern drauf  im Kreis drehen. 

Seither sind mehr als zwanzig Jahre vergangen. Zwischen 1985 und heute lag genausoviel Zeit wie zwischen der Mondlandung und der Challenger-Katastrophe oder zwischen dem Mord an John F. Kennedy und der Parteichefwerdung von Gorbatschow. 

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„Das gehört eh nur zum Praterspielzeug“

(erschienen in „Uni aktuell“ im November 1995)

Mit der Volksabstimmung 1979 haben sich die Österreicher gegen Atomkraftwerke entschieden. Dennoch gibt es drei Atomreaktoren in Österreich, einer steht im zweiten Wiener Bezirk. Nur wenige wissen, was in dem schmucklosen Gebäude am Donaukanal wirklich vorgeht.

von Ulrich Salamun und Robert Stachel

Am unteren Ende des Praters, er­reichbar mit der U3 und einem kurzen Fußmarsch, wird die Idylle der Schrebergärten nur gestört durch ein Bauwerk, das außen der kleine Bruder der Stadthalle sein könnte. Ein mächtiger Block aus den 6Oer Jahren beherbergt eines der größten Universitätsinstitute – und eines der am wenigsten be­kannten: das Atominstitut, das allen österreichischen Universitäten gemeinsam gehört. Etwa vierzig Prozent seiner Studenten haben an der Uni Wien Physik oder Chemie inskribiert. Institutsvorstand Dr. Helmut Rauch ließ sich nicht lan­ge um einen Termin bitten, auf­klärende Publicity hat seine An­stalt auch nötig. 

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