Lust am Nachmittag

Drehbuch für eine TV-Comedy-Serie in sechs Teilen
(nicht realisiert)

von Robert Buchschwenter
und Robert Stachel
(Wien 2014)

Wer das Drehbuch lesen oder verfilmen möchte, schreibt uns bitte hier.

Synopsis: Gerry Lust (45) ist Moderator beim Regionalradio in der Steiermark, seine Sendung „Lust am Nachmittag“ ist beliebt bei den Hörern, seit über zehn Jahren interviewt er täglich prominente Gäste mit jovialem Schmäh und professioneller Gelassenheit.

Eigentlich hat Gerry Lust alles erreicht, was er erreichen wollte. Man kennt ihn, er verdient nicht schlecht, er hat einen fast erwachsenen Sohn und wohnt in einem schönen Haus in der Vorstadt. Objektiv gesehen hat Gerry also ein beneidenswertes Leben und einen spannenden Job. Der Einzige, der das nicht so sieht, ist Gerry selbst. Er ist unzufrieden.

Gerry ist zwar durchaus bescheiden in seinen Ansprüchen, überschätzt aber seine Möglichkeiten. Er ist nicht unprofessionell, aber schlampig. Er weiß, wo er hinwill, tut aber nichts dafür. Und immer wenn er endlich einen Plan hat, prokrastiniert er vor sich hin, bis sich nichts mehr so richtig ausgeht.

Die Lust an seiner Nachmittagssendung ist Gerry schon länger abhanden gekommen. Die Quote mag stimmen, aber insgeheim verachtet Gerry sein Publikum. Die Leute, denen er gefallen möchte, schalten seine Sendung nicht ein. Am Wenigsten sein Sohn und dessen Generation. Und auch Gerry selber ertappt sich oft genug dabei, seinen Gästen nicht einmal mehr richtig zuzuhören. Also muss etwas Neues her. Fernsehen hätte er immer toll gefunden, aber dazu müsste er, wenn’s was Gescheites sein sollte, nach Wien. Oder Standup Comedy. Aber auch das hieße zuerst, seine Komfortzone zu verlassen.

Einfach erstmal zu kündigen, dazu hat Gerry nicht den Mumm. Unter Druck kann er zwar gut arbeiten, aber den Druck kann er sich selber leider nicht machen. Dass er beim Radio gelandet ist, verdankt er nicht seinem Engagement, sondern seinem alten Schulfreund Franz Fuchs, der ihn damals überredet hat, nicht nach Wien auf die Schauspielschule zu gehen, sondern mit ihm in der Steiermark zu bleiben und beim Radio anzufangen. Inzwischen ist Franz Fuchs Programmchef und noch immer ein loyaler Freund, der beide Augen zudrückt, wenn Gerry in seiner nonchalanten Art Mist baut.

Sich einfach beim Fernsehen zu bewerben oder auf eine Bühne zu stellen, dafür ist Gerry zu stolz. Soll man ihn doch fragen – so, wie er auch damals gefragt wurde. Außerdem hat man in Gerrys Alter doch schon erhebliche Fixkosten. Da kann er doch kein Risiko eingehen. Mit den Alimenten für Daniel hinkt Gerry oft genug ein paar Monate hinterher. Daniels Mutter ist übrigens inzwischen mit einem Spießer verheiratet und führt ein Spießerleben in einem Spießerhaus, das Gerry schon damals nicht gemocht hat, als er noch mit ihr verheiratet war. Aber er konnte nicht gut meckern, weil das Haus von Evis Eltern bezahlt wurde. Immerhin konnte er noch von Glück reden, dass sie nicht mit eingezogen sind, nachdem sie es nach ihrem miserablen Geschmack eingerichtet hatten.

Weil Gerry sich schwer tut, Verantwortung zu übernehmen, kümmern sich gleich drei Frauen um ihn, mehr oder weniger freiwillig. Die erste ist seine Ex-Frau Evi (41). Sie pflegt ein fair-freundschaftliches Verhältnis zum Vater ihres Kindes, nimmt ihm die Lasten der Erziehung zum größten Teil ab und ermöglicht ihm, Daniel gegenüber den lässigen Wochenend-Papa zu spielen.

Die zweite Frau ist Gabi (52), bei der Gerry nach seiner Scheidung vor sieben Jahren eingezogen ist, weil er erstmal ein wenig Abstand wollte. Aber es hat sich bald herausgestellt, dass das, was zunächst als Provisorium gedacht war, für Gerry maßgeschneidert ist.

Gabi hat mit ihrem Mann ein viel zu großes Haus gebaut, man plante für mehrere Kinder, dann verunglückte der Mann tödlich. Die bemitleidenswerte Frau wurde bald zur lustigen Witwe und vermietet seither den oberen Stock. Gabi macht für ihren Untermieter die Wäsche, kocht für ihn, trinkt mit ihm und berät ihn in allen Lagen seines Lebens. Dafür erwartet sie keine Gegenleistung – von der bescheidenen Miete einmal abgesehen. Gaby hat im Gegensatz zu Gerry ein reges Sexualleben. Sie nimmt mehr oder weniger, was sie kriegen kann – zumal eine ernsthafte Bindung für sie ohnehin nicht mehr in Frage kommt. Gabi lebt zur Hälfte von ihrer Witwenpension, zur anderen davon, dass sie auf Flohmärkten billig Dinge ersteht, die sie auf eBay teuer weiterverkauft.

Die dritte Frau ist Nicola (30), Gerrys liebste Kollegin, bester Kumpel und unerfüllte Liebe. Nicola ist beim Radio für die PR zuständig. Hochprofessionell, aber mit einer Leichtigkeit, die erkennen lässt, dass das hier nicht die Endstation ihrer Karriere ist. Außerdem organisiert sie ihr Berufsleben so geschickt, dass ihr genug Freizeit bleibt, um ihrer eigentlichen Berufung nachzugehen: dem Schreiben von erotischen Frauenromanen. Gerry steht auf sie. Und sie nährt seine Illusion, dass daraus mehr werden könnte, durch kleine Zuneigungsbekundungen. Das macht sie nicht aus Boshaftigkeit, sondern weil sie Gerry als Freund mag und nicht wahrhaben will, dass er noch etwas anderes von ihr haben möchte.

Im Prinzip ist Gerry eh zufrieden mit sich. Nur die Umstände, die sind daran schuld, dass er ständig Dinge tut, wegen denen er sich ärgern muss. Irgendwo tief in seinem Innern ärgert er sich natürlich über sich selbst, aber so tief in sein Inneres schauen würde Arbeit an sich selbst bedeuten. Und darauf hat er so gar keine Lust.

Was Gerry wirklich kann, ist sein Job als Radiomoderator. Aber weil er eben Größeres will, macht er den Job wie ein talentierter, aber fauler Schüler seine Hausübung. Gerry passieren ständig Fehler, er gibt aber keinen davon zu. Er ist faul, nimmt kleine Abstecher, trickst und gaunert sich durchs Leben. Er will niemandem wirklich schaden – außer denen, die es seiner Meinung nach redlich verdient haben. Er handelt sich ständig Ärger ein, weil er den Mund nicht halten kann. Und wenn er den Mund hält, dann meistens zu spät. Wo er eine Verwicklung auflösen will, verschlimmert er sie nur.

So lebt Gerry von einem Image, das er sich in der Vergangenheit erworben hat – für eine Zukunft, die es vielleicht gar nie geben wird. Und er stolpert durch eine Gegenwart, die ihm fast täglich eine Gelegenheit bietet, um anzuecken – in der Hoffnung auf die Gelegenheit, eines Tages doch noch den Sprung nach vorn oder nach oben zu schaffen. Wenn das doch nicht so anstrengend wäre …

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Figurenpark:

  • Gerry Lust (45) – Radiomoderator bei Radio Steiermark
  • Gabi Scheickl (52) – Gerrys Vermieterin, professionelle ebay-Verkäuferin
  • Franz Fuchs (48) – Geschäftsführer bei Radio Steiermark
  • Julia Mohr (31) – Chefin vom Dienst bei Radio Steiermark
  • Nicola Cancola (30) – Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit bei Radio Steiermark
  • Eva Dettmann (41) – Gerrys Ex-Frau, karenzierte Lehrerin, Hausfrau und Mutter zweier Kinder
  • Manfred Dettmann (50) – Evis jetziger Mann, arbeitet in der Wirtschaftskammer
  • Daniel Lust (15) – gemeinsamer Sohn von Evi und Gerry
  • Mia (4) – gemeinsame Tochter von Evi und Manfred
  • Lukas Baumegger (23) – Jungmoderator bei Radio Steiermark
  • Peter „Pezl“ Schwarz (53) – Nachrichtensprecher bei Radio Steiermark
  • Joey (37) – Barkeeper in Gerry Stammkneipe
  • Roswitha Jurtschitsch (78) – Pensionistin, Eva Dettmanns Mutter


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