Ich brauche mehr Details.

(geschrieben 2003 für den FM4 Weblog von Johannes Grenzfurthner)

Wiederannäherung an eine westdeutsche Filmkomödie der 80er Jahre.

„Didi – Der Doppelgänger“ kam 1984 ins Kino. Der Film lief im Zentral Kino in Wiener Neustadt, einem ehemaligen Theater mit sehr schönem Zuschauerraum, in dem es sogar Logen und eine Galerie gab. Auch hatte es für die 80er Jahre – also noch vor Erfindung der Vorstadtplex-Kinos – ein angenehm großes Foyer. Es war abgefuckt und roch etwas ältlich, aber es war gemütlicher als die Mitbewerber Theater- und Forum-Kino.

In den 80ern waren uns 12jährigen alle Ablenkungsmöglichkeiten während des Wartens auf den Saaleinlass höchst willkommen. Das SMS und der Klingelton waren ja noch nicht marktreif. Im Zentral Kino gab es dafür mehrere Schaukästen für kommerzielle und soziale Einrichtungen. Einen davon bespielte ein ortsansässiger Kampfsportverein. Neben Fotos, Medaillen, Gürtel und Tabellen schmückten die Vitrine auch einschlägige Utensilien und Kleidungsstücke. Das ausgestellte Suspensorium zum Schutz der Körpermitte des Kämpfers war ein nicht enden wollender Quell der Unterhaltung, sein impliziter Witz wurde ja zu jener Zeit auch bei „Die Einsteiger“ mit Gottschalk/Krüger sehr anschaulich thematisiert und Jahre später in einer Simpsons-Folge (5F03, „Bart Star“) zelebriert.

Zurück: Der 28jährige Reinhard Schwabenitzky hat 1975 „Ein echter Wiener geht nicht unter“ für den ORF gedreht. Dieter Hallervorden, geboren 1935 in Dessau, hat 1975 den Klassiker „Nonstop Nonsens“ für das deutsche Fernsehen eingespielt.

Und 1984 taten die beiden sich zusammen für „Der Doppelgänger“. Didi hatte zu dem Zeitpunkt schon einige Filme fürs Kino hinter sich, unter anderem die Gaunerkomödie „Ach du lieber Harry“, interessanterweise unter der Regie von Jean Girault, dem wir einen Gutteil der besseren Louis-de-Funes-Filme zu verdanken haben (neben Claude Zidi, Gerard Oury oder Edouard Molinaro). Das Buch zum „Doppelgänger“ kam von Christian Rateuke und Hartmann Schmige nach einem Stoff von Walter Kempley. Die sehr eingängige Titelmelodie stammt von Harold Faltermeyer, der noch im gleichen Jahr mit „Axel F.“ international punkten konnte.

Cast: Dieter Hallervorden (Bruno Koob und Hans Immer), Ruth-Maria Kubitschek (Immers Frau), eine brilliante Elfi Eschke (Immers Sekretärin Kranich), Gert Burkard (Poldi von Pösel), der frühere DEFA-Star Winfried Glatzeder (Brunos Kumpel Pete) sowie Tilo Prückner, Hans-Joachim Grubel und ein furchtbar überdrehter Götz Kauffmann (Ganovenbande).

Die Geschichte: Bruno Koob hat eine kleine schlecht besuchte Kneipe, Hans Immer ein florierendes Riesenunternehmen. Die beiden gleichen einander optisch bis aufs Haar. Immer erfährt durch eine Verkettung von Zufällen (an denen er nicht unschuldig ist) von Koobs Existenz und nötigt ihn, als sein Doppelgänger zu arbeiten. Offiziell um ein paar Tage Urlaub machen zu können, tatsächlich aber um den armen Koob einer Bande von Kidnappern ans Messer zu liefern und sich schadlos zu halten. Die Arbeit eines Konzernchefs seines Kalibers kann Immer seiner Vertretung in wenigen Minuten erklären. Die wenigen Fixpunkte im Tagesablauf schreibt er penibel auf einen Zettel und für den Fall, dass er in davon abweichende Situationen kommen sollte, solle er sich mit einer Floskel aus der Patsche helfen: entweder „Ich brauche mehr Details“ oder „Schreiben Sie’s auf, ich beschäftig‘ mich später damit.“

Als Koob bei einer Vorstandsitzung erfährt, dass sein Doppelgänger für den geplanten Abriss seiner Kneipe und seines Wohnhauses verantwortlich ist, schwört er Rache. Er lernt sich schnell in die Rolle des Großkapitalisten ein und kämpft, direkt im Zentrum der Macht sitzend, subversiv-süffisant für sein Recht.

Der Film ist 20 Jahre später – anders als viele andere deutsche Komödien der 80er Jahre (auch die meisten anderen Didi-Filme) – auch ohne das Trash-Attribut noch gültig. Er ist rasant erzählt und wird trotzdem für 80er-Verhältnisse nur selten hysterisch. Das Handwerk ist ein solides, und für die üppigen Einrichtungen und Aufbauten würden wir heute sogar unsere Kugel-Lampen und Verner-Panton-Sesseln aus den 70ern auf den Müll werfen.

Mehr dann am Sonntag, den 25. Jänner 2004 im Einführungsvortrag (im monochrom-Raum im MQ, siehe Lageplan). Beginn 20:30, anschließend Video-Screening des Films.

Post Scriptum: Dem/der SammlerIn sei gesagt: Zum 20. Jubiläum von „Didi – Der Doppelgänger“ wird Anfang 2004 endlich eine DVD auf den Markt kommen, und sie verspricht auch schönes Bonusmaterial.

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